Die Debatte zur Reduzierung von Motorlärm wird auch in Odenthal geführt. Mitte 2019 hatte der Gemeinderat einen Forderungskatalog beschlossen. Aktuell wird konkret darüber nachgedacht, wie das Thema mit Lärmmesspfosten im Gemeindegebiet weiterverfolgt werden kann. Eine Fokussierung auf Motorräder soll es dabei in Odenthal nicht geben. Der Impuls kam ursprünglich aus Wermelskirchen. Dort ist das Thema dadurch belastet, dass sich die Maßnahmen zur Lärm-Reduzierung auf die Motorradfahrer*innen konzentrieren. Dr. Dietrich Kühner, Diplom-Physiker, Schall-Experte, Sachkundiger Bürger der FDP-Fraktion, und Odenthaler, unterhielt sich mit Uwe Christoph beim Medienprojekt Odenthal über möglichst faire Lösungsansätze, mit denen den Gesundheitsgefahren durch Lärm gemeinsam beizukommen wäre.
Uwe Christoph: Das Medienprojekt Odenthal veröffentlichte am 9. Februar einen Beitrag zum Motorlärm. Herr Kühner, Sie meldeten sich daraufhin telefonisch in der Redaktion.
Dietrich Kühner: … und das war ein Ortsgespräch.
Uwe Christoph: Genau. Wie sich herausgestellt hat, lebt eine ausgewiesene Fachkompetenz in Sachen Schallmessung und -bewertung in Odenthal. Soviel Glück hat man selten. Zumal Sie als Experte auch in dem Wermelskirchener Arbeitskreis „Gemeinsam gegen Motorradlärm“ mitwirken.
Dietrich Kühner: Ja, ich möchte mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass die Menschen weniger gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt sind. Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Uwe Christoph: Alle Kraftfahrzeuge, oder geht es nur um die Motorräder? Der Name des Wermelskirchener Arbeitskreises deutet auf Letzteres hin.
Dietrich Kühner: Als Physiker ist mir erst einmal nicht wichtig, um welche Fahrzeugart es sich handelt. Ausschlaggebend ist für mich, ob und wie sie unnötigen Lärm entwickeln. Die Motorräder sind natürlich aus verschiedenen Gründen bei der Betrachtung von unnötigem Lärm besonders relevant.
Uwe Christoph: Wird nicht individuell unterschiedlich bewertet, welcher Lärm unnötig ist? Für eine allgemein akzeptierte Regelung braucht man doch einen anwendbaren Maßstab. Kann die subjektive Wahrnehmung Grundlage für Ahndungen sein?
Dietrich Kühner: Ja, wenn sie sich objektivieren lässt. Deshalb schlage ich eine wissenschaftlich begründbare Methode zur Objektivierung dieses mehr oder weniger vagen Adjektivs „unnötig“ vor. Wir haben aus meiner Sicht bereits alle notwendigen Rechtsgrundlagen zur Reduzierung von Verkehrslärm. Voraussetzung ist, dass wir es hinbekommen, das darin verwendete „unnötig“ zu qualifizieren.
Uwe Christoph: Welche Rechtsgrundlagen wären das?
Dietrich Kühner: Nach der Straßenverkehrsordnung gilt erst einmal grundsätzlich: Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass keine Anderen geschädigt, gefährdet oder mehr als den Umständen entsprechend behindert oder belästigt werden. Außerdem heißt es da: Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Nach der derzeitigen Rechtsprechung gibt es aber keine Pegelschwelle, ab deren Überschreitung von „unnötigem Lärm“ ausgegangen werden kann. Die Formulierung legt nahe, dass der Begriff „unnötig“ mit „vermeidbar“ oder „nach dem Stand der Technik vermeidbar“ gleichgesetzt werden kann. So ist es in der Straßenverkehr-Zulassungs-Ordnung festgelegt: Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger müssen so beschaffen sein, dass die Geräuschentwicklung das nach dem Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. Das bedeutet, dass „unnötig“ mit „vermeidbar“ und dem „Stand der Technik“ korrespondiert.
Uwe Christoph: „Unnötig“ durch „vermeidbar“ zu ersetzen, kommt mir spontan nicht wie die gesuchte Lösung vor.
Dietrich Kühner: Sie haben mich missverstanden, beide Adjektive bezeichnen den gleichen Tatbestand. Der Begriff „Geräuschentwicklung“ legt nämlich nahe, dass damit die sogenannte „Schallleistung“ gemeint ist. Das ist die pro Sekunde abgestrahlte Schallenergie des Fahrzeugs in einer Frequenzbewertung, die dem menschlichen Hören entspricht. Durch den Bundestag sind Ende 2018 die mittleren Schallleistungen festgelegt worden, die bei der Bestimmung heranzuziehen sind, ob die Grenzwerte für Gesundheitsgefahren durch Verkehrslärm überschritten werden. Dies ist in der „Berechnungsmethode für den Umgebungslärm von bodennahen Quellen“, kurz BuB, beschrieben. Die Schallleistungen hängen von den Straßenverhältnissen, zulässiger Fahrgeschwindigkeit etc. ab. Weiter gehen in die Berechnungen die durchschnittliche tägliche Anzahl von fünf Fahrzeugtypen wie PKW, leichte und schwere Motorräder und leichte und schwere LKW ein. Ab genau bestimmbaren signifikanten Abweichungen der Schallleistung eines Fahrzeugs von den BuB-Werten kann davon ausgegangen werden, dass ein Fahrzeug nicht mehr dem Stand der Technik entspricht, wie er im Mittel vom Bundestag festgelegt wurde. Diese Abweichungen sind ab einem Faktor von mehr als 10 als signifikant zu bezeichnen und legen dann nahe, dass das Fahrzeug nicht dem Stand der Technik entspricht oder manipuliert wurde, damit unnötig laut ist, und der erzeugte Lärm vermeidbar ist.
Uwe Christoph: Es gibt also am Ende doch einen messbaren Schwellenwert, ab dem Lärm unnötig ist?
Dietrich Kühner: Richtig. Vor Ende 2018 gab es diese Möglichkeit nicht, da die Richtlinie RLS-90 zum Lärmschutz an Straßen lediglich Stundenmittelwerte einer Vorbeifahrt als Berechnungsbasis enthielt, die einen kausalen Rückschluss auf den momentanen Vorbeifahrpegel nicht zulässt. Die Schallleistung, die bei einer Vorbeifahrt direkt gemessen werden kann, erlaubt unmittelbar abzuschätzen, wie lange zum Beispiel bei geöffnetem Fenster im Raum das vorbeifahrende Fahrzeug gehört werden kann. Bei rund zehn Metern Abstand und bei Einhaltung der BUB-Werte liegt das bei zwei Sekunden. Unnötig laut kann angenommen werden, wenn das Fahrzeug beispielsweise eine halbe Minute gehört werden kann und damit die Unterhaltung im Raum anhaltend gestört ist. Das heißt, die Technik umschreibt, was der Mensch empfindet.
Uwe Christoph: Welche Rolle spielt in diesem ganzen Modell die Geschwindigkeit als den Lärm begrenzender Faktor?
Dietrich Kühner: Die BuB-Schallleistungen nehmen mit der zulässigen Geschwindigkeit zu. Die Dauer der Wahrnehmung bleibt etwa gleich, weil sich das Fahrzeug schneller entfernt. Ein Fahrzeug kann bei 100 Kilometern pro Stunde im sechsten Gang im grünen Bereich fahren, und im nächsten Moment etwa mit 50 Kilometern pro Stunde unnötig laut sein. Das heißt, unnötig laut wird durch die Fahrweise wesentlich bestimmt.
Uwe Christoph: Welche Rolle spielt die Fahrzeugart in der Einzelfallbetrachtung?
Dietrich Kühner: Keine, da die BuB die Fahrzeugart berücksichtigt, gibt es keine Präferenzen.
Uwe Christoph: Nun hat Landrat Stephan Santelmann auf Abschnitten seiner Kreisstraße bei Wermelskirchen die Höchstgeschwindigkeit nur für Motorräder signifikant gegenüber anderen Fahrzeugarten herabgesetzt. Um Motorradlärm zu reduzieren. Angeblich als Konsequenz der Ergebnisse des Arbeitskreises. Nach allem, was wir hier besprochen haben, ist das aber die sachlich am wenigsten logische Maßnahme.
Dietrich Kühner: Mit dieser Aussage haben Sie sich als Motorradfahrer enttarnt. An Wochenenden liegt an einzelnen Straßen in Wermelskirchen der Anteil schwerer Motorräder bei bis zu zehn Prozent, von denen rund ein Viertel eine Schallleistung von mehr als dem Vierzigfachen der BUB-Werte haben. Dies lässt sich auch anhand der neuen RLS-19 unmittelbar nachweisen. Nach der RLS-19 sind schwere Motorräder im derzeitigen Straßenverkehr genauso laut wie schwere LKW. Allerdings ist das eigentliche Problem des unnötig lauten Fahrens aus Sicht eines Physikers mit einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung nur teilweise zu lösen. Sie können langsam genauso unnötig laut fahren, um sich nach der alt bekannten Methode des Brusttrommelns bemerkbar zu machen.
Uwe Christoph: Nachdem Sie mich als Motorradfahrer enttarnt haben, enttarne ich mich als PKW-Fahrer, LKW-Fahrer, Fahrer von historischen Fahrzeugen mit zwei und vier Rädern und vorsorglich gleich noch als Fahrradfahrer gerne selbst. Mit all meinen motorisierten Fahrzeugen unterziehe ich mich jeweils gerne einem Reglement, das für alle gilt. Wenn ich also als Motorradfahrer Gleichbehandlung fordere, bringe ich mich mit anderen Fahrzeugen also wieder selbst in den Fokus. Jedes einzelne davon kann ich in allen Geschwindigkeitsbereichen nämlich laut oder leise fahren, was meine Zweifel an der Logik und an der Wirksamkeit einer Geschwindigkeitsbeschränkung begründet. Aus Sicht eines Politikers mag das aber den Unmut der Bevölkerung besänftigen und die Handlungsfähigkeit der Politik oder einzelner Politiker unter Beweis stellen. Wenn das erreicht wird, scheint nicht immer alles Sinn machen zu müssen.
Dietrich Kühner: Ich bleibe mal bei meiner Sicht des Physikers und Lokalpolitikers und unterstütze das Vorgehen, das durch die staatliche Verpflichtung zum Gesundheitsschutz begründet ist und kritisiere vielmehr die Politiker und Richter, die selbst Motorrad fahren. Sie sind offenkundig nicht bereit zu handeln und lassen dem Landrat keine erkennbare Unterstützung zukommen. Auch sind die Änderungen der Rechtslage durch die BuB und die RLS-19 in der Politik und bei den Gerichten noch nicht angekommen.
Uwe Christoph: Würden Sie mir denn in dem Punkt beipflichten, dass eine grundsätzlich für die eigentliche Sache meiner Auffassung nach wirkungslose Maßnahme zum Nachteil bestimmter Personengruppen einer guten Atmosphäre bei den Gesprächen nicht dient? Es macht doch vor allem Experten wie Ihnen schwerer, alle Beteiligten auf der Sachebene zu halten, zumal der Landrat mit den Straßenschildern ganz nebenbei das Problem de facto umdefiniert hat. Von „leiser fahren“ in „langsamer fahren“.
Dietrich Kühner: Harmonischer oder sachlicher werden nach meiner Erfahrung bei Gesprächen im Wahlkampf die Debatten damit nicht. Der Charme einer technischen Messmethode und von definierten Mess- und Schwellenwerten ist, Diskriminierungsvorwürfe zu vermeiden, wie sie aktuell im Raum stehen. Dies gilt insbesondere, wenn man die Dauer der Wahrnehmung mit einbezieht, die ein Betroffener mit einer Stoppuhr einfach selbst messen kann. Das Problem ist, dass die Regierung und der Bundestag sich aus Furcht vor der Motorradlobby und der einschlägigen Industrie, deren diesbezügliches Verständnis beim Dieselabgas bekannt wurde, nicht bereit ist zu handeln. Fakt ist jedoch auch, dass die laute Mühle sich besser verkauft und die Industrie diesen Wunsch bedient.
Uwe Christoph: Es kann für mich immer noch kein Grund genannt werden, der die berechtigte Kritik an unnötigem Motorlärm auf eine bestimmte Fahrzeugart beschränkt. Die Feststellung von Initiativen oder Arbeitsgruppen gegen Motorradlärm, sie richteten sich nicht allgemein gegen die Motorradfahrer, ist deswegen unglaubwürdig, weil sie unlogisch ist. Ginge es den Organisationen selbst und ihren Mitgliedern tatsächlich nur um das Gemeinwohl und nicht auch um selektive Schuldzuweisung, gäbe es diese Beschränkung im Titel ihrer Forderungskataloge nicht.
Dietrich Kühner: Zuerst eine Klarstellung: der Begriff „Motorlärm“ impliziert, dass die Räder keinen wesentlichen Lärmbeitrag liefern, das ist jedoch nur bei Zweirädern der Fall. Es geht, wenn Sie das auch nicht gerne hören, um den Gesundheitsschutz vor Verkehrslärm. Tatsache ist, dass mit den Motorrädern die unter Lärmaspekten zahlenmäßig größte Fahrzeugart mit unnötig Lauten im Fokus ist, wie sich aus der RLS-19 unmittelbar ergibt. Und man erreicht dadurch die wohl größte positive Wirkung in Bezug auf den Gesundheitsschutz. Dies stellt keine Diskriminierung dar. In diesem Zusammenhang: Sie haben gesagt, dass Sie einen LKW fahren. Es gibt doch das LKW-Fahrverbot an Wochenenden?
Uwe Christoph: Es handelt sich um einen kleinen, historischen LKW bis 3,5 Tonnen zur rein privaten Nutzung. Deshalb gilt das Fahrverbot für dieses Fahrzeug nicht.
Dietrich Kühner: Das LKW-Fahrverbot wurde unter anderem mit der Begründung eingeführt, dass dadurch dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung an Wochenenden und Feiertagen entsprochen wird. Nun sind die schweren Motorräder im Durchschnitt von 1990 bis 2019 sogar etwas lauter wie LKW geworden. Dann müsste doch das Fahrverbot für LKW, Ihrer Argumentation folgend, sofort abgeschafft werden. Es stellt doch ebenfalls eine Diskriminierung der LKW-Fahrer dar, weil deren LKW im Durchschnitt sogar etwas leiser wie schwere Motorräder in städtischen Bereichen sind – und auf den Autobahnen sogar deutlich leiser!
Uwe Christoph: Wenn man das Gleichbehandlungsprinzip einfordert, dann logischerweise für alle Gruppen. Gerne auch für LKW-Fahrer*innen. Ob ein Fahrverbot an bestimmten Tagen trotzdem aus anderen Gründen für die gewerblichen Fahrten mit LKW ab 7,5 Tonnen bestehen bliebe, ist ja nicht auszuschließen. Jedenfalls hat es in unserer Gesellschaft viel Kraft gekostet, bis Diskriminierung nicht mehr außer Acht gelassen werden durfte. Derzeit sind eben unter dem Lärmaspekt die Motorradfahrer*innen dran. Ich plädiere daher dafür, eine potentielle oder tatsächliche Diskriminierung in diesem Diskurs weiter zu berücksichtigen. Zur Übung im Umgang mit dieser Hypothese bietet sich an, versuchsweise darüber nachzudenken, welchen Eindruck Initiativen wie zum Beispiel „Gemeinsam gegen den unnötigen Lärm historischer Automobile“, „Gemeinsam gegen den unnötigen Lärm deutscher Sportwagen mit mehr als 200 PS“, „Gemeinsam gegen den unnötigen Lärm von historischen Traktoren und Schleppern“, oder „Gemeinsam gegen den unnötigen Lärm von einem beliebigen Typ eines beliebigen Automobilherstellers der Baujahre 2010 bis 2015 mit Soundgenerator und Klappenauspuff“ in der Öffentlichkeit hinterlassen würden.
Dietrich Kühner: Ich kann das nachvollziehen, gebe aber zu bedenken, dass der Anteil der unnötigen lauten Motorräder, wie aus der RLS-19 folgt, im Gesamtverkehrsaufkommen im Vergleich zu den Gruppen, die Sie hypothetisch genannt haben, überproportional hoch ist und dass es darum geht, insbesondere in Gebieten mit hoher Verkehrslärmbelastung Pegelreduzierungen zu erreichen. Dies erfordert, und hier stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, dass alle unnötig Lauten angegangen werden.
Uwe Christoph: Die Diskriminierung lässt sich für mich nicht durch diesen Hinweis rechtfertigen. Die vor Lärm schützenswerten Personen sind einer Gesamtgeräuschkulisse über relevante Zeiträume ausgesetzt, durch die eine Gesundheitsgefahr entsteht. Für die Lärmexposition der Menschen spielt es keine Rolle, welche unnötig laute Fahrzeugart zu welchem Anteil am Gesamtergebnis zahlenmäßig beteiligt ist. Jedes einzelne unnötig laute Fahrzeug trägt dazu bei. Damit ist jedes gleich relevant.
Dietrich Kühner: Das sehe ich anders. Also ein lautes Motorrad fährt am Tag einmal an einem Haus in zehn Metern Abstand vorbei, zusätzlich zu hundert anderen Fahrzeugen am Tag. Stellt das laute Motorrad in diesem Fall eine Gesundheitsgefahr dar? Die Antwort ist klar nein. Sind es achttausend andere Fahrzeuge am Tag, ist die Schwelle der Gesundheitsgefahr erreicht beziehungsweise überschritten, wenn dieses eine Motorrad fünfzig oder fünfhundert Fahrzeugen entspricht. Das bedeutet, dass die Politik verpflichtet ist, im letzteren Fall zu handeln, wie es in Wermelskirchen geschehen ist. Und das stellt keine Diskriminierung dar. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, liegt der Motorradanteil dort insbesondere an den Wochenenden im Bereich zwischen acht und zehn Prozent und dominiert daher den Verkehrslärm in der Zeit, in der keine LKW zum Lärm beitragen. Hinzu kommt, dass die Lautheit von der Industrie gezielt angehoben wird, ohne dass die Schallleistung zunimmt.
Uwe Christoph: Selbst, wenn mit der selektiven Verfolgung und Außerbetriebnahme der unnötig lauten Motorräder aufgrund ihres überwiegenden Anteils an der Gesamtlärmkulisse der größte Erfolg zu erzielen wäre, bedeutet die parallele Hinnahme unnötig lauter anderer Fahrzeugarten eine Diskriminierung. Sie macht damit aber eben leider auch den Gemeinwohlanspruch der Initiativen oder Arbeitsgruppen gegen Motorradlärm angreifbar, solange in „Motorradlärm“ drei Buchstaben zu viel sind. Überambitionierte Kommunalpolitiker, die das eigentliche Problem umdeuten, damit sie es lösen können, sind da offensichtlich nicht hilfreich.
Dietrich Kühner: Ich bin mit Ihnen einig, dass man das Problem anders lösen sollte, zum Beispiel mit einem Lärmblitzer, der natürlich alle unnötig lauten Fahrzeuge erfassen muss und nur für Bereiche begründbar ist, wo schon heute der Verkehrslärm um die Grenzwerte für Gesundheitsgefahren liegt. Das erfordert jedoch ein systematisches Vorgehen, um Rechtssicherheit zu erreichen, da auch Richter und Verkehrsminister Motorrad fahren. Ihnen ist auch das Problem um die Halterhaftung bekannt, die insbesondere Motorradfahrern Freiräume verschafft, die die übrigen Verkehrsteilnehmer nicht haben und die beim Lärmblitzer zum Tragen kommt. Ist das nicht eine Diskriminierung der PKW- und LKW-Fahrer? Meiner Auffassung nach geht das Argument der Diskriminierung völlig an der Sache vorbei, da es um den Schutz der körperlichen Unversehrtheit geht. Auch sollten Sie berücksichtigen, dass die lauten Motorräder den Fahrer gefährden, da dann Pegel am Ohr des Fahrers unter dem Helm erreicht werden, die zu einer Reduzierung der Reaktionsfähigkeit führen. Also hören Sie auf, auch als Motorradfahrer, die Diskriminierung vor die Lösung des Problems zu stellen. Politisch ist das Diskriminierungsargument leider sehr wirkungsvoll, wie ich anhand von Kontakten mit Abgeordneten des Bundestags feststellen konnte.