„Lange Gerade“ als Baulandreserve gemeldet

Mit den Unterlagen zur Sitzung des Ausschusses für Planen und Bauen am 25. März 2021 ist im Vorfeld unter anderem eine Anlage zu einem Schreiben der Gemeindeverwaltung Odenthal an die Bezirksregierung Köln aus dem Jahr 2019 veröffentlicht worden. Darin ist die „Lange Gerade“ in Scheuren als eine von mehreren künftigen Baulandreserveflächen der Gemeinde gekennzeichnet. Hintergrund ist, dass sich der Ausschuss für Planen und Bauen am 4. April 2019 mit einer umfangreichen Liste von insgesamt 27 Flächen aus verschiedenen „Suchräumen“ im ganzen Gemeindegebiet, die als potentielle Baulandreserveflächen in Frage kamen, befasste. In der Sitzung Anfang April vor zwei Jahren ging es darum, diese Liste durchzuarbeiten, und für jede Fläche einzeln zu entscheiden, ob sie der Bezirksregierung für den nächsten Regionalplan als Baulandreservefläche von Odenthal offiziell gemeldet werden soll, oder nicht.

Die formale Qualifizierung von Flächen im Regionalplan als Baulandreserve erleichtert eine später folgende Bauleitplanung der Gemeinde wesentlich. Die Meldung und deren Berücksichtigung im Regionalplan ist also ein offizieller Vorgang mit konkreten Folgen. In den Regionalplänen wird nämlich die aktuelle und zukünftige Siedlungs-, Infrastruktur- und Freiraumentwicklung einer bestimmten Region in Abstimmung mit den Kommunen verbindlich dargestellt. Odenthal ist Teil des Regionalplanes der Region Köln. Eine neue Version des Regionalplans soll im Jahr 2021 fertiggestellt werden.

10 Mal votierten die Mitglieder des Ausschusses für, 16 Mal gegen die jeweiligen Flächen als Baulandreserve im nächsten Regionalplan. Ein Mal wurde mit Verweis auf den vorausgegangenen Tagesordnungspunkt keine Abstimmung durchgeführt – für die „Lange Gerade“ in Scheuren. Am selben Sitzungstag fand nämlich die Abwägung der Anregungen und Bedenken aus frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zur Änderung des Flächennutzungsplans für eben diese „Lange Gerade“ statt. Zum Ablauf eines Bauleitplanverfahrens gibt es bereits einen Beitrag im Medienprojekt Odenthal. Mit der absoluten Mehrheit der CDU aus der letzten Legislaturperiode war das Ergebnis im Jahr 2019, das Bauleitplanverfahren für die etwa 1,1 Hektar große landwirtschaftlich genutzte Fläche weiter voranzutreiben. Mit diesem potentiellen Bauland war man also bereits mitten in einem konkreten Bauleitplanverfahren. Es hatte gegenüber einer Meldung als spätere Baulandreserve bereits einen weit fortgeschritteneren Status.

Demzufolge gab es tatsächlich keinen Beschluss des zuständigen Ausschusses für Planen und Bauen, auf dessen Grundlage die Verwaltung der Gemeinde der Bezirksregierung die „Lange Gerade“ am 10.4.2019 als Baulandreserve für den Suchraum Oberodenthal hätte melden können. Wie von dem Medienprojekt Odenthal berichtet, wurde dieses Bauleitplanverfahren mittlerweile endgültig vor seinem regulären Ende von der Gemeinde durch Beschluss einer veränderten Mehrheit nach der letzten Kommunalwahl vorzeitig beendet. Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP hatten mit dem Erhalt der Scheurener Wiese in ihren Wahlprogrammen geworben. Die „Lange Gerade“ in Oberodenthal bleibt daher unbebaut.

Nun tritt mit diesem Anhang plötzlich der Umstand zutage, dass der Bezirksregierung die „Lange Gerade“ als von Odenthal beschlossene Baulandreservefläche seit 2019 unverändert für den Entwurf des nächsten Regionalplans vorliegt. Zufall, denn der eigentliche Grund, warum der Regionalplan, die Suchräume und die Baulandreserveflächen für den 25. März 2021 auf die Tagesordnung gesetzt wurde, ist ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Sie beantragen, dass zwei andere, tatsächlich am 4.4.2019 als Baulandreserveflächen beschlossene, und der Bezirksregierung infolgedessen von der Verwaltung korrekt gemeldete Flächen in Odenthal-Erberich formal bei der Bezirksregierung zurückgenommen werden. Sie sollen also nicht im nächsten Regionalplan als Baulandreserveflächen ausgewiesen werden.

Während es einer Abstimmung bedarf, um den seinerzeit bezüglich der beiden Flächen in Erberich gefassten Beschluss aufzuheben, kann es bei der wohl ohne entsprechendes Mandat gemeldeten „Langen Geraden“ wohl nur darum gehen, einen Fehler der Verwaltung zu korrigieren. Da es für die Meldung an die Bezirksregierung nach derzeitigem Sachstand seinerzeit nicht die erforderliche formale Basis gab, dürfte ein Beschluss überflüssig sein, um den Irrtum rückgängig zu machen.

„Das ist wohl wieder einmal wahlweise ein Irrtum oder eigenmächtiges Handeln des Bürgermeisters“, resümiert Ralf Brühl, Mitbegründer der Bürgerinitiative Oberodenthal, die sich dem Schutz der „Langen Geraden“ verschrieben hat. „In letzter Zeit sind so einige Vorgänge aus der aktuellen und vergangenen Verwaltungsarbeit in die öffentliche Diskussion gekommen. Es gibt vermehrt offizielle Beschwerden aus der Bürgerschaft. Ich kann nur hoffen, dass auch diese zufällig publik gewordene Aktion des Bürgermeisters vom zuständigen Ausschuss nachhaltig korrigiert wird. Denn der Bürgermeister hat über dessen Kopf hinweg und ohne seinen Beschluss gehandelt.“

Die Bürgerinitiative hatte ihren Mitgliedern zuletzt bereits die Rettung der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Scheuren mitgeteilt. „Das ist auch weiterhin richtig. Es nervt aber, dass zufällig und überraschend dieser neue Faktor in der eigentlich abgeschlossenen Sache auftaucht. Wenn jetzt entgegen des eindeutigen Statements der neuen politischen Mehrheit, die „Lange Gerade“ unbebaut zu lassen, das Areal ein paar Monate später auf einmal als Baulandreservefläche im Regionalplan auftauchen würde, dann passt das nicht zusammen. Die Deklarierung der „Langen Geraden“ als Baulandreserve im Regionalplan stellt doch die perspektivische Bauabsichtserklärung der Gemeinde dar, die kurz vorher noch ein laufendes Bauleitplanverfahren zu derselben Fläche selbst notgebremst hat“, erklärt Ralf Brühl weiter. „Davon kann man halten was man will. Ich glaube aber weder an einen Irrtum bei der Meldung der „Langen Geraden“ an die Bezirksregierung ohne den notwendigen Beschluss in 2019, noch daran, dass der Verwaltung nach der Beendigung des Bauleitplanverfahrens nicht klar gewesen ist, dass die „Lange Gerade“ demnächst Baulandreservefläche im neuen Regionalplan wird, wenn niemand rechtzeitig hinschaut. Für die Bezirksregierung sieht das Ganze aktuell so aus, als wäre bei der Meldung der „Langen Geraden“ als Baulandreservefläche in Odenthal alles nach den Regeln abgelaufen – dies ist aber mitnichten der Fall“.