Bewegungszahlen der Regionalverkehr Köln GmbH für die elf Monate von Juli 2020 bis Mai 2021 zeigen, dass das Bergische E-Bike als Konzept für die Mobilität, und vor allem für den Klimaschutz bestenfalls völlig unbedeutend ist. Fördergelder und Eigenanteil der Gemeinde sind ohne den in Aussicht gestellten Vorteil für Verkehr und Klimaa investiert worden. In zwei Beiträgen vom 2. Februar 2021 und vom 13. Februar 2021 hat das Medienprojekt die Tendenz zur Nutzlosigkeit des E-Bike-Verleih-Systems bereits beschrieben. Mit den nun vorliegenden Zahlen stabilisiert sich diese negative Prognose.
Hiernach gab es gerade einmal 1.677 Ausleihen an den insgesamt 6 Stationen im ganzen Gemeindegebiet, 899 im Zentrum, 638 in Altenberg, 68 in Voiswinkel, 41 in Blecher, 24 in Neschen, 7 in Eikamp. Das sind insgesamt ziemlich genau überschaubare 5 pro Tag.
Die entsprechenden Zahlen der Rückgaben an den jeweiligen Stationen sind: 754 im Zentrum, 582 in Altenberg, 146 in Voiswinkel, 84 in Blecher, 96 in Neschen, 13 in Eikamp.
Es ist schon mit diesem spärlichen Zahlenmaterial leicht zu erkennen, dass das eigentliche Ziel, mit dem E-Bike Verkehrsmittel klimaschonend zu verbinden, nicht ansatzweise erreicht wird. Selbst wenn an den Stationen in den Höhenlagen Odenthals die höheren Rückgabezahlen darauf hindeuten könnten, dass Menschen mit dem E-Bike die Rückfahrt nach Hause unternommen haben, macht das konzeptionell dennoch immer noch keinen Sinn. Die Zahl dieser Fahrten ist absolut gesehen objektiv einfach verschwindend gering. Dann spielt es fast schon keine Rolle mehr, dass ein Großteil der Bewegungen mit dem E-Bike zudem auch keinen Ersatz für eine Fahrt mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor bedeutet haben dürften.
Dass die mit Abstand größten Werte im Zentrum und in Altenberg anfallen, ist ein klarer Hinweis auf einen hohen Freizeitanteil der Bewegungen. Wer nur zum Spaß mit einem E-Bike durch die Gegend rollt, belastet nüchtern betrachtet jedoch die Umwelt und das Klima. Die Zählungen für den gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis zeigen zudem an Samstagen mit fast 17 Prozent und Sonntagen mit fast 22 Prozent die höchsten Werte für Ausleihen. Es ist davon auszugehen, dass die Verteilung über die Wochentage in Odenthal mindestens ähnlich sein wird. Der praktische Nutzen steht also gar nicht im Vordergrund, genausowenig wie der Klimaschutz.
Das lohnt den ganzen finanziellen Aufwand beim besten Willen nicht. Er sollte dafür also nicht weiter Geld ausgegeben werden. Ein messbarer Zugewinn für das Allgemeinwohl der Odenthaler*innen ist nicht zu erkennen. Hypothetisch ist das Gegenteil der Fall, da unter dem Strich mit dem Bau der Stationen, mit dem Betrieb des Ausleihe-Systems und mit den Akkus der Räder die Umwelt mutmaßlich mehr be- als entlastet wird. Finanziell gäbe es unabhängig davon für die Gemeinde bessere Verwendungszwecke für die öffentlichen Mittel.
Es wäre wünschenswert, wenn den Bürger*innen nicht länger Mobilitäts- und Klimaschutzerfolge durch „Bergisches E-Bike“ weisgemacht würden. Vielleicht war es ja den Versuch wert. Er ist gescheitert. Mit dem Kreis ist in Sachen Ernsthaftigkeit bei der sachlichen Bewertung von „Bergisches E-Bike“ allerdings wohl leider nicht zu rechnen. Landrat Stephan Santelmann ist seit jeher in seiner ganz eigenen Erlebniswelt unterwegs, offensichtlich auch mit dem E-Bike. Wenn er dem Kölner Stadtanzeiger in dessen Ausgabe vom 15. Juli 2021 beispielsweise erklärt, Rösrath wäre „ein Mekka des E-Bikings“, bloß weil dort an einer bestimmten Station im Verlauf eines Jahres durchschnittlich knapp 3 (drei!) E-Bikes pro Tag ausgeliehen wurden, sollte dann doch der Spaß vorbei sein. Nimmt er seine Äußerungen selbst ernst, oder nimmt er die Bevölkerung seines Kreises nicht ernst? Man weiß gar nicht, was schlimmer wäre.