In der Gemeinderatssitzung am 23. März 2021 gab es einen kleinen Lichtblick auf den Klimawandelbericht der Gemeinde Odenthal. Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen meldete sich zur Antrags- und Beschlussdokumentation zu Wort. Er bezog sich auf einen Beschluss, den das Medienprojekt Odenthal in einem Beitrag einmal mit der Frage überschrieb: Wo ist der Klimawandelbericht? Der Beschluss vom Oktober 2019, um den es geht, lautet: „Zudem wird die Gemeinde Odenthal umfassend über den Klimawandel, Ursachen und Auswirkungen sowie über Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel ergriffen werden, informieren. Der Rat der Gemeinde Odenthal fordert den Bürgermeister auf, dem Rat und der Öffentlichkeit zweimal im Jahr über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen Bericht zu erstatten.“ Er ist bisher nicht umgesetzt.
Der Fraktionsvorsitzende erinnerte daran, dass der Rat der Gemeinde fortlaufend über den Klimawandel zu informieren sei. Das ist erst einmal eine gute Nachricht und das richtige Signal. Bürgermeister Robert Lennerts erklärte sich auch gerne bereit, das Thema auf die Tagesordnung des entsprechenden Fachausschusses und des Gemeinderates zu setzen, und über den Stand zu berichten.
Das klingt zwar im ersten Moment versöhnlich. Seit der Beschlussfassung am 8. Oktober 2019 werden allerdings mindestens ein Jahr und 265 Tage vergangen sein, bis der erste Bericht abgeliefert wird. Der nächste Termin für eine Gemeinderatssitzung ist der 29. Juni 2021. Wenn, wie der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen freistellte, der Bericht erst in der übernächsten Gemeinderatssitzung auf der Tagesordnung stehen würde, fehlten an vollen zwei Jahren, in denen ein Gemeinderatsbeschluss nicht umgesetzt wurde, am 5. Oktober 2021 dann nur noch zwei Tage. Einem ersten Bericht des Jahres im Oktober dürfte voraussichtlich im Dezember bei der letzten Ratssitzung in 2021 kein zweiter mehr folgen.
Ob in einer der nächsten Ratssitzungen der ursprüngliche Beschluss überhaupt auf die verabredete Weise umgesetzt sein wird, hängt zudem einerseits davon ab, ob die angekündigte Information des Gemeinderates mit der Berichterstattung an die Öffentlichkeit einhergeht. In der Gemeinderatssitzung am 23. März 2021 wurde die Öffentlichkeit weder vom Fraktionsvorsitzenden bei seiner Erinnerung, noch vom Bürgermeister bei seiner Ankündigung erwähnt. Positiv angenommen war das einfach nicht erforderlich, denn die Öffentlichkeit wird in dem Beschluss ja gleichrangig mit dem Gemeinderat genannt: „… dem Rat und der Öffentlichkeit…“.
Der Gemeinderat wird in seiner Beschlussfassung 2019 nicht davon ausgegangen sein, das die Öffentlichkeit sich den Bericht persönlich in einer Gemeinderatssitzung abholt, weil er dort nur mündlich vorgetragen wird. Auch wird er nicht im Sinn gehabt haben, dass die Öffentlichkeit die Berichte aus Anhängen zu späteren Sitzungs-Niederschriften zusammensucht. Ein praktischer Lösungsansatz wäre zum Beispiel, den Bericht jährlich in jeweils zwei Ausgaben des Amtsblatts „Das Rathaus“ beizulegen. Interessierte Bürger*innen würden sich vermutlich auch darüber freuen, wenn die „OpenData-Angebote der Gemeinde“ auf der Website Odenthals um die Klimawandelberichte erweitert würde.
Andererseits bleibt abzuwarten, welche Qualität die nicht zum ersten Mal in Aussicht gestellten Berichte haben werden. Wie es nicht geht, hat das Medienprojekt Odenthal bereits in Beiträgen vom 2. Februar 2021 und vom 13. Februar 2021 am Beispiel „Bergisches e-Bike“, und in seinem Beitrag zu den Mitfahrerbänken am 29. Januar 2021 dargestellt.
Wie es gehen könnte: In ernst gemeinten Berichten zum Klimawandel sollte es nicht bei der Auflistung von Maßnahmen bleiben. Es muss deren Wirksamkeit nachvollziehbar gemacht werden. Gegenrechnungen sollten die notwendige Transparenz herstellen. Wenn beispielsweise der Neubau von Wohngebäuden unter energetischen Aspekten positiv dargestellt wird, müssen zusätzliche Flächenversiegelung und die Emissionen bei der Herstellung von Bau- und Dämmstoffen gegenübergestellt werden. Wie wird sich etwa die Bebauung der Ponywiese (Dhünner Wiese) konkret unter diesen Aspekten auf das Klima auswirken? Welche Einmaleffekte und welche permanenten Belastungen des Klimas entstehen durch solche Neubaugebiete? Welche Ausgleichsmaßnahmen haben im Gegenzug welche messbaren Kompensationswirkungen? Wie sind die mittelbaren Folgen durch mehr Individualverkehr bei mehr als achtzig neuen Wohneinheiten? Entsprechende Gutachten zur Beantwortung der letzten beiden Fragen liegen der Verwaltung bereits vor. Welche Neubauvorhaben mit zusätzlicher Flächenversiegelung plant die Gemeinde in den nächsten Jahren? Welche Renaturierungsoptionen gibt es? Welchen konkreten Schaden haben die Wälder im Gemeindegebiet durch den Fichtenborkenkäfer, dessen Befall wahrscheinlich erst durch den Klimawandel diese fatalen Folgen haben konnte, erlitten? Was planen die Waldbesitzer*innen zur Wiederaufforstung?
Die Liste sinnvoller Fragen, die in einem Klimawandelbericht für Odenthal aufschlussreich beantwortet werden könnten, ließe sich hier fortsetzen. Der vom Gemeinderat beauftragte Bürgermeister hatte bereits anderthalb Jahre Zeit, sich dazu Gedanken zu machen. Insofern wäre zu erwarten, dass die Verwaltung nach so langer Vorbereitung ein herausragendes Ergebnis abliefern wird, an dem sich andere Gemeinden beispielhaft orientieren könnten. Daran, dass bis heute bereits insgesamt vier Klimawandelberichte der Jahre 2019 und 2020 fehlen, lässt sich leider nichts mehr ändern. Abgesehen von dem zweifellos anerkennenswerten, aber recht verhaltenen Impuls in der letzten Gemeinderatssitzung, erscheint allzu viel Optimismus nach der bisherigen Performance bis zum Beweis des Gegenteils noch nicht angebracht zu sein.